In der Ratssitzung am 18. Dezember fanden die finalen Haushaltsberatungen statt. Nach einer intensiven inhaltlichen Debatte gaben die Fraktionsvorsitzenden ihre jeweilige Abschlusserklärung zum Haushalt 2019 ab. Für die CDU-Fraktion hat unser Vorsitzender Thorsten Köster gesprochen:
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,
am 10. August haben Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Markurth, Ihren Entwurf für den Haushalt 2019 präsentiert. Ein Entwurf, der trotz Rekordeinnahmen in nahezu allen Bereichen erneut ein hohes Defizit im Ergebnishaushalt von fast 40 Millionen Euro aufweist. Im Vorbericht zu Ihrem Haushaltsplan schreiben Sie sogar, dass das strukturelle Defizit im kommenden Jahr auf rund 50 Millionen Euro anwachsen wird – ein weiterer Griff in die Rücklagen ist damit unumgänglich.
In seiner Abschlusserklärung zum Haushalt begründet unser Fraktionsvorsitzender Thorsten Köster die Ablehnung der CDU Und das bei einer derzeit guten Konjunktur. Die Zahl der Arbeitslosen ist seit Jahren anhaltend gering, damit sind die Sozialausgaben inzwischen ebenfalls deutlich gesunken. Die Zuweisungen von Land und Bund sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Sei es gesetzlich geregelt wie beispielsweise beim gemeindlichen Anteil an der Einkommensteuer und in den Schlüsselzuweisungen des Finanzausgleiches, oder aber durch von der unionsgeführten Bundesregierung neu bereitgestellte Entlastungen für die Kommunen in Milliardenhöhe. Natürlich, das will ich nicht verschweigen, gibt es seit Ende 2015 Einnahmeprobleme im städtischen Haushalt aufgrund des Abgas-Skandals bei VW.
Wir allen kennen den Spruch „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ und in vielen vorangegangenen Haushaltsdebatten haben gerade Vertreter der CDU diese Binsenweisheit verwandt um deutlich zu machen, dass nun nicht die Zeit für das Verpulvern der Rücklagen ist, sondern diese weiter anwachsen müssten. Was unterscheidet aber die diesjährige Debatte von den vorherigen? Zumindest von den Worten her scheinen auch andere Teile des Rates erkannt zu haben, dass wir endlich gegensteuern müssen. So wurde uns von Seiten der SPD noch im Februar bei der Debatte über den Haushalt 2018 ausschweifend erklärt, welche gesetzlichen Grundlagen es für einen Konsolidierungsprozess gäbe und schon alleine an die Verwendung des Begriffes hohe Maßstäbe gelegt werden. In den Verhandlungen zum Haushalt 2019 ist unseren Gesprächspartnern von der SPD der Begriff Konsolidierung inzwischen ganz leicht über die Lippen gegangen. Aber auch Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Markurth, schreiben in Ihrem Vorbericht zum Haushaltsplan, dass es für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt unabdingbar sei, „Rücklagen und Liquiditätsreserven zu bilden“. Doch folgen all diesen Worten auch konkrete Taten?
Zumindest war zu Beginn der Beratungen bei uns das Vertrauen gewachsen, dass nun von einer breiten Mehrheit des Rates anerkannt wird, dass man nicht einfach so weitermachen kann, wie in den Jahren zuvor. Gestützt wurde dieses Vertrauen unter anderem durch Ihre Ankündigungen aus dem Februar, sehr geehrter Herr Markurth. Sie hatten dort Ihre Planungen für einen Modernisierungs- und Konsolidierungsprozess skizziert. Und auch der siebenteilige Ratsbeschluss der damaligen Haushaltsmehrheit zeigte immerhin in die richtige Richtung: auch wenn die von uns vehement geforderten zeitlichen und finanziellen Vorgaben für die Konsolidierung fehlten, so sollte doch wenigstens eine laufende Aufgabenkritik stattfinden.
Wir haben der SPD daher bereits im August erneut ein Angebot für einen bürgerlichen Haushalt von SPD und CDU gemacht, gerne auch mit weiteren Partnern. So lange das Ziel, nämlich der mittelfristige Abbau des strukturellen Defizits auf null, gewahrt bleibt, sperren wir uns sicherlich nicht gegen die Beteiligung anderer Fraktionen. Für einen gelingenden Modernisierungs- und Konsolidierungsprozess ist es extrem wichtig, dass dieser breit in der Politik getragen wird.
Darüber hinaus ist es der Anspruch der CDU, unsere Stadt positiv zu gestalten. Erst kürzlich habe ich in einem ausführlichen Interview in der Braunschweiger Zeitung dazu Stellung nehmen können. Wir haben uns, nicht erst seitdem ich Fraktionsvorsitzender bin aber nun noch einmal intensiver, bewusst gegen eine Rolle als Fundamentalopposition entschieden. Nur wer mitwirkt, kann auch gestalten. So lautet ja sogar die Überschrift des Artikels. Allerdings suchen wir den Konsens auch nicht um jeden Preis. Ein Kompromiss ist nämlich nur dann gut, wenn alle Beteiligten die Leitlinien ihrer eigenen Politik gewahrt sehen und mit dem erzielten Ergebnis ruhigen Gewissens vor ihre Anhänger treten können.
Es liegt mir nichts ferner, als gekränkt zu sein. Doch wir merkten schnell, dass während die Gespräche zwischen SPD und Grünen schon weit vorangeschritten waren und bereits Listen über Konsens und Dissens bei der Einzelabstimmung der vorliegenden Anträge erstellt wurden, man mit uns noch in der Terminfindung war. So wurde uns auch an vielen Stellen deutlich gemacht – verbal wie auch nonverbal: die Haushaltsmehrheit steht, egal ob die CDU dabei ist oder nicht. Was als Druckmittel uns gegenüber gemeint war, hat uns in die gute Lage versetzt, genau überprüfen zu können, ob bei einem möglichen Kompromiss unsere von mir eben schon genannten Leitlinien gewahrt bleiben.
Nun hat die Struktur dieser Haushaltsdebatte einige Vor- allerdings auch einige Nachteile. Ein Nachteil für mich ist, dass ich auf die Abschlusserklärungen von Herrn Bratmann für die SPD und von Herrn Oberbürgermeister Markurth für seinen Haushaltsentwurf nicht mehr reagieren kann. Doch glücklicherweise gibt es schon zahlreiche Erklärungen und Presseinformationen, die es mir ermöglichen, auf einige Punkte vorab einzugehen. Da Ihnen, sehr geehrter Herr Bratmann, unsere ablehnende Haltung zum Haushalt 2019 sogar eine Erwähnung in der Überschrift Ihrer letzten Pressemitteilung wert war, dürfte ich damit gar nicht so verkehrt liegen.
So wird Herr Bratmann vermutlich gleich sagen, dass die Stadt Braunschweig im Vergleich zur Landeshauptstadt Hannover eine geringe Pro-Kopf-Einnahme bei der Gewerbesteuer hat und daher die Einnahmesituation in unserer Stadt schlecht sei. Die eine Aussage stimmt, die andere nicht. Im direkten Vergleich mit dem doppelt so großen Hannover – bezogen auf die Zahl der Einwohner – sind die Pro-Kopf-Einnahmen bei der Gewerbesteuer vier Mal so hoch. Daraus ableiten zu wollen, Braunschweig habe eine schlechte Einnahmesituation, ist jedoch falsch. Das haben wir durch eine Anfrage zum Finanz- und Personalausschuss auch deutlich belegen können.
Denn das Erklärmuster von Ihnen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Markurth, war in den vergangenen Wochen ja ungefähr so: an den geringen Einnahmen ist VW schuld, sonst würden wir den Haushaltsausgleich locker schaffen. So werden Sie auch in Ihrem großen Interview mit der Braunschweiger Zeitung am 10. November dahingehend zitiert, dass „wir – gemeint ist die Stadt Braunschweig – im Vergleich zu anderen westdeutschen Großstädten unserer Größenordnung ohnehin eher geringe Pro-Kopf-Einnahmen durch die Gewerbesteuer haben.“ Für uns war dies der Anlass, im Finanzausschuss nachzufragen, wie sich konkret die Pro-Kopf-Einnahmen durch die Gewerbesteuer in Braunschweig im Vergleich zu anderen westdeutschen Großstädten ähnlicher Größe darstellen. Und siehe da, in dem von uns erfragten Zeitraum der letzten sechs Jahre liegt Braunschweig lediglich 0,8% oder 5,21 Euro unter dem Durchschnitt. Wobei in den Jahren 2012 bis 2014 die Pro-Kopf-Einnahmen sogar deutlich über dem Durchschnitt gelegen haben. Ihr Zitat ist damit eindrucksvoll widerlegt. Und in Ihrer Mitteilung zum aktuellen Sachstand des Konsolidierungs- und Modernisierungsprozesses, die Bestandteil dieses Tagesordnungspunktes ist, sprechen Sie nun auch davon, dass „die Steuerkraft Braunschweigs im Vergleich mit dem Durchschnitt westdeutscher Großstädte relativ unauffällig“ sei. Um es deutlich zu sagen: es schwingt hier keinerlei Häme mit, dass Sie Ihre Aussage revidieren mussten. Im Sinne der Wahrheitsfindung war unsere Haushaltsanfrage aber extrem wichtig. Denn mit dem eben zitierten ist Ihre Antwort ja noch nicht beendet. Vielmehr kommt noch ein entscheidender Halbsatz und dieser lautet „trotz des bekannten negativen Sondereffekts seit 2015.“ Gemeint sind damit VW und der Abgasskandal. Übersetzt bedeutet dies, dass wir derzeit durchschnittliche Einnahmen haben – und damit auf keinen Fall eine schlechte Einnahmesituation. Würde VW nun nicht mit Strafzahlungen zu kämpfen haben und eine höhere Gewerbesteuer zahlen, hätten wir sogar eine überdurchschnittliche Einnahmesituation. Wir haben mit dieser Antwort nun also schwarz auf weiß vorliegen, dass der städtische Haushalt in seiner jetzigen Form kein Einnahme- sondern ein Ausgabeproblem hat!
Überdies wurde durch unsere eben schon genannte Anfrage im Finanzausschuss offengelegt, welche Summe nötig wäre, um die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen. Man könnte meinen, dass das vorhandene Defizit in Höhe von rund 40 Millionen Euro einfach dadurch beseitigt werden kann, dass man 40 Millionen Euro mehr Einnahmen bei der Gewerbesteuer erzielt. Durch die sofort fällige Gewerbesteuerumlage und den zeitverzögerten Einbezug in die Schlüsselzuweisungen beim Finanzausgleich müsste die Stadt Braunschweig brutto jedoch über 80 Millionen Euro mehr einnehmen, um am Ende netto 40 Millionen mehr zu haben. Das hieße, die mit etwa 176 Millionen Euro sowieso schon rund zehn Millionen über dem siebenjährigen Mittel angesetzten Einnahmen bei der Gewerbesteuer müssten noch einmal um knapp 50% steigen – und das dauerhaft, jedes Jahr aufs Neue. Merken Sie, dass das reines Wunschdenken ist?
Herr Bratmann wird gleich sagen, dass wir als CDU einen „haushaltspolitischen Schlingerkurs“ gefahren haben. Zumindest hat er es so in seiner Pressemitteilung vom 5. Dezember bezeichnet. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Wir sind von Anfang an mit der Forderung nach einem neuen Grundsatzbeschluss in die Gespräche gegangen. Dieser sollte, basierend auf unserem leider abgelehnten Antrag zum Haushalt 2018, eine klare zeitliche und finanzielle Vorgabe zum schrittweisen Abbau des strukturellen Defizits auf null Euro bis 2026 beinhalten. Da ein solcher Antrag jedoch frühestens zum Haushalt 2020 seine Wirkung entfalten kann, forderten wir noch zum Haushalt 2019 ein klares Signal des Oberbürgermeisters. Dieses hätte entweder noch in den Beratungen des Haushalts oder in 2019 bei der unterjährigen Bewirtschaftung geschehen können. So habe ich es in meiner Erklärung für den Artikel in der Braunschweiger Zeitung am 12. November formuliert und auch in einer E-Mail vom 21. November an den Oberbürgermeister wiederholt. Leider habe ich auf diese Nachricht bis heute keine Antwort bekommen.
Da nun an dieser Stelle auf die Mitarbeit des Oberbürgermeisters nicht zu setzen war, haben wir unseren Vorschlag für erste Einsparerfolge schon im kommenden Jahr im Gespräch mit der SPD vorgebracht. Als Möglichkeit, um bereits jetzt ein deutliches Signal auszusenden, haben wir den Stellenplan ausgemacht. Dieser ist in den letzten Jahren stark ausgeweitet worden und umfasst nun beinahe wieder 4.000 Stellen in der Kernverwaltung. Für 2019 sind weitere rund 170 zusätzliche Stellen vorgesehen. Auf einen Teil davon hätte man, als ersten Schritt und ohne einer späteren konsequenten Aufgabenkritik zu sehr vorzugreifen, verzichten können. Uns ist bewusst, dass wir mit unserem ehrenamtlichen Wissen nicht bei jeder neu vorgeschlagenen Stelle einschätzen können, ob deren ausbleibende Realisierung fachlich zu vertreten ist. Dafür ist die jeweils vorgelegte Begründung in der Regel zu dünn und ohne das Expertenwissen aus der Fachverwaltung ist diese Aufgabe gar nicht zu leisten. Als spürbares Signal, damit die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genauso wie die Öffentlichkeit sehen, dass es kein ‚Weiter so“‘ gibt, haben wir vorgeschlagen insgesamt 16 Stellen nicht einzurichten. Und obwohl wir gute und konstruktive Gespräche geführt haben, konnte sich die SPD nicht zu diesem Minimalkonsens durchringen. Daran sind letztlich die Gespräche gescheitert und das haben nicht wir zu verantworten!
Zur Untermauerung unserer Forderung möchte ich die Zuhörerinnen und Zuhörer bitten, sich einfach mal zu überlegen, ob Ihnen in den letzten Jahren aufgefallen ist, dass es so einen massiven Stellenaufwuchs gegeben hat. Geht es Ihnen besser als noch vor vier Jahren? Wird Ihr Bauantrag schneller bearbeitet? Wird die kaputte Parkbank in Ihrer Nachbarschaft schneller ersetzt? Werden Baugebiete schneller realisiert?
Ein weiterer Vorwurf gegen uns wird sein, dass bei der CDU kein deutlicher Wille zur „Mitgestaltung der Stadt erkennbar gewesen“ sei. Auch das wurde in der eben schon genannten Pressemitteilung geäußert. Und auch das ist rundweg falsch. Wir hätten es uns einfach machen und sagen können: Bei einem Defizit von fast 40 Millionen Euro und einem Schuldenaufwuchs in den nächsten fünf Jahren auf dann wieder rund eine Viertel Milliarde Euro diskutieren wird gar nicht erst über eine mögliche Zustimmung. Einen solchen Haushaltsentwurf lehnen wir ab. In den vergangenen Monaten habe ich zahlreiche Antrittsbesuche gemacht und den meisten Gesprächspartnern musste ich erst erklären, warum wir uns nicht einfach auf diese Position zurückgezogen haben. Unseren Anhängern wäre dies einfacher zu vermitteln gewesen. Stattdessen haben wir mit Ihnen diskutiert und auch einige Erfolge in den Verhandlungen erzielen können. So spiegelt der vorliegende rot-grüne Grundlagenantrag den zwischen der SPD, den Grünen und uns verhandelten Kompromiss wider. Doch wie so oft bei einem Kompromiss konnte keiner der Beteiligten seine Vorstellungen vollständig erfüllt sehen. Schwierig wird es jedoch, vor allem bei politischen Anträgen, wenn bei zentralen Begriffen unterschiedliche Interpretationen vorliegen. So stellt sich schon die Frage, was der unter Beschlusspunkt 2 genannte Umsetzungsplan mit klaren Zielsetzungen beinhalten soll. Die SPD und der Oberbürgermeister verbinden damit zeitliche und finanzielle Vorgaben, für die Grünen ist das nicht möglich. Wenn denn ein „dauerhaft ausgeglichener Haushalt“ ein Haushalt ohne strukturelles Defizit ist, warum sagt man das nicht deutlich? Um nun diese Konflikte aufzubrechen und der Verwaltung einen eindeutigen Auftrag mit auf den Weg zu geben, haben wir gemeinsam mit der FDP einen eigenen Grundlagenantrag eingebracht. Nur ist dieser deutlich kürzer und klarer formuliert. Wir fordern die Verwaltung darin auf, bis zum Ende des zweiten Quartals 2019 ein Konzept mit klaren zeitlichen und finanziellen Vorgaben zum schrittweisen Abbau des strukturellen Defizits von derzeit rund 50 Millionen Euro auf null bis 2026 vorzulegen. Da wir die konjunkturelle Entwicklung nicht so positiv einschätzen wie die Verwaltung, sollen in den Jahren 2020 und 2021 erste Konsolidierungserfolge von jeweils 10 Millionen Euro realisiert werden.
Eine wichtige Grundlage für uns war bei der Formulierung dieses Antrages die bereits mehrfach angesprochene Mitteilung von Oberbürgermeister Markurth zum Sachstand der Haushaltskonsolidierung und Verwaltungsmodernisierung. Sie geht in zwei entscheidenden Punkten deutlich weiter als der neue Grundlagenantrag von SPD und Grünen. Erstens hält Oberbürgermeister Markurth fest, dass es ein strukturelles Defizit gibt. Diesen Begriff scheuen die Grünen wie der Teufel das Weihwasser. Und zweitens stellt die Mitteilung klare zeitliche und finanzielle Vorgaben für den Prozess in Aussicht. Wenn man nun einmal diese Mitteilung und unseren Grundlagenantrag aus dem Februar nebeneinanderlegt, wird man sehen, dass diese inhaltlich identisch sind. Es wurden also neun Monate verplempert, man hätte schon ein großes Stück weiter sein können.
Herr Bratmann wird jedoch sicherlich gleich sagen, dass mit dem neuen rot-grünen Grundlagenantrag verbunden sei, auch einen Blick auf die Einnahmesituation zu werfen. Und an dieser Stelle muss ich Sie einfach auffordern konkreter zu werden, damit alle wissen was genau Sie damit meinen. Es bieten sich ja eigentlich nur zwei Möglichkeiten, um die Einnahmesituation zu steigern: Sie können Abgaben und Steuern erhöhen, beispielsweise den Hebesatz bei der Gewerbesteuer. Oder Sie können neue Abgaben einführen, wie etwa die bereits mehrfach von den Linken geforderte Bettensteuer. Dann müssen Sie aber so ehrlich sein und das den Braunschweigerinnen und Braunschweigern auch deutlich sagen. Hier von dieser Stelle. Oder Sie können die Gesamtzahl der Gewerbesteuerzahler vergrößern und somit das Aufkommen als Ganzes erhöhen – also neue Gewerbegebiete schaffen. Das dürfte aber mit den Grünen nicht machbar sein, die ja nun schon vehement gegen das interkommunale Gewerbegebiet mit Salzgitter gestritten haben. Da, auch das kann ich Ihnen nicht ersparen, hat sich auch die SPD wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Dass die Enthaltung des wirtschaftspolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, zum vorläufigen Scheitern geführt hat, ist nicht nur schlecht für die gesamte Region, sondern auch eine große persönliche Niederlage für Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister. Denn Sie haben die Planungen immer weiter vorangetrieben und konnten nichts dagegen unternehmen, dass es an Ihren Genossen in Salzgitter scheitert!
Herr Bratmann wird gleich sagen, dass sich die CDU um eine konkrete Aussage drückt, in welchen Bereichen gespart werden soll. Die Intention dieses Vorwurfes ist klar, denn das klare Benennen von Einsparpotenzialen bietet ein gutes, bezeichnen wir es mal martialisch, Verhetzungspotenzial. Doch auf der fachlichen Ebene passt das Argument überhaupt nicht. Nennen Sie uns doch bitte nur einen bisherigen Konsolidierungsprozess, bei dem die Politik die inhaltlichen Einsparvorgaben gemacht hat. Richtig, einen solchen Prozess gab es bisher nicht und wird es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit niemals geben. Denn ohne die Expertise eines in der Regel externen Beraters und vor allem das große Wissen der Fachverwaltung kann ein solcher Prozess nicht gelingen.
Was mich an dieser Stelle dazu bringt, im Namen der CDU-Fraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit einen herzlichen Dank auszusprechen. Sie haben im vergangenen Jahr mit Ihrer hohen Leistungsbereitschaft und Ihrer exzellenten Arbeit dazu beigetragen, dass die Vorgaben, die wir als Politik gemacht haben, in den allermeisten Fällen erreicht werden konnten. Im Rahmen einer Haushaltsdebatte bezieht sich der Dank natürlich explizit vor allem auf die Finanzverwaltung. Und deshalb bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Geiger, diesen Dank an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben. Egal, wann wir welche Frage hatten, uns wurde immer kompetent geantwortet.
Herr Bratmann wird gleich sagen, dass der Haushalt ausgeglichen sei, da man doch auf die Rücklagen zurückgreifen könne. Überdies prognostiziert die mittelfristige Finanzplanung ab 2021 wieder ein leichtes Plus im Haushalt. Ja, der Haushalt 2019 ist formaljuristisch ausgeglichen. Doch es stellt sich die elementare Frage, wie lange das noch möglich ist. Wenn nicht jetzt das Gegensteuern beginnt, dann reichen bereits kleinste konjunkturelle Probleme und der Haushalt kann nicht mehr ausgeglichen werden. Und an vielen Stellen lesen wir doch, dass sich die Vorzeichen verdunkeln: erst am vergangenen Freitag titelte ZDF heute „Wirtschaftswachstum schwächelt.“ Ein Blick auf die volkswirtschaftlichen Konjunkturzyklen lässt überdies vermuten, dass wir den Höhepunkt bereits überschritten haben. Für Braunschweig heißt das übersetzt: wenn wir schon in Zeiten einer guten Konjunktur keinen ausgeglichenen Haushalt erreichen, wie soll das erst bei einer wirtschaftlichen Delle oder gar einem wirtschaftlichen Abschwung sein?
Und an dieser Stelle noch ein paar Worte zur mittelfristigen Finanzplanung, die nicht als Kritik an unseren tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Finanzverwaltung verstanden werden dürfen. Natürlich sehe ich auch, dass nach minus 37,9 Millionen Euro für das Jahr 2019 und minus 26,7 Millionen Euro für das Jahr 2020 in den Jahren 2021 und 2022 wieder leichte Überschüsse im Ergebnishaushalt vorgesehen sind. Doch erstens unterstellt die Verwaltung hierbei eine weiterhin gute Konjunktur. So schreibt es zumindest Oberbürgermeister Markurth in seiner bereits zitierten Mitteilung. Wenn also die von mir eben beschriebene Delle kommt, sind alle Zahlen Makulatur. Und zweitens reicht ein Blick in den Haushaltsplan 2017 um zu sehen, wie dort die Planung für 2019 aussah. Auch hier war ein Defizit für das Haushaltsjahr 2019 angenommen, doch das war mit 3 Millionen Euro ziemlich genau dreizehn Mal geringer als es heute beschlossen werden soll – 13 Mal geringer!
Meine Botschaft sollte doch inzwischen klargeworden sein: die CDU will nicht die Kassandra der griechischen Mythologie sein oder nach Johannes dem Täufer der einsame Rufer in der Wüste. Wir sprechen hier von ernsthaften bestehenden Risiken und es besteht die Gefahr, dass wir schon in Kürze unsere wichtigen Zukunftsaufgaben nicht mehr in dem Sinne erfüllen können, wie es für eine prosperierende Großstadt wie Braunschweig wichtig ist.
Glauben Sie denn ernsthaft, dass wir in den Zeiten unserer Mehrheit nicht auch gerne viel mehr Geld ausgegeben hätten? Mehr Geld für unsere Sportvereine und die Feuerwehren, noch mehr Geld für die Sanierung unserer Schulen, mehr Geld für Soziales, Kinder und Familien und auch mehr Geld für die Grünpflege, die Kleingärtner, unsere Spielplätze und kulturelle Projekte. Natürlich hätten wir das gerne gemacht. Aber wir haben uns alle Jahre am Machbaren orientiert und nicht am Wünschenswerten.
Das ist vielleicht nicht sexy und auch nicht cool. Doch wenn Sie, liebe Frau Dr. Flake, irgendwann im politischen Ruhestand sind, müssen sich Frau Jalyschko, Frau Naber, Herr Böttcher und vielleicht auch Herr Merfort und ich uns mit den Sparvorgaben der Kommunalaufsicht plagen. Und dann dürften Ihre Nachfolger schnell merken, dass cool und sexy nicht immer erstrebenswert sind, sondern es bei kommunalen Finanzen einfach mal solide und verlässlich sein sollte!
Doch diese Einsicht ist bei weiten Teilen des Rates mit Ihren Taten nicht zu erkennen. Für mich ist in den vergangenen Wochen das folgende Bild entstanden: SPD, Grüne und Oberbürgermeister Markurth sitzen gemeinsam im Auto, fahren mit hohem Tempo auf die Mauer zu und warten darauf, dass aus den Wolken die große Hand kommt und die Mauer wegnimmt. Dieses Bild musste ich nun revidieren. Denn für die Grünen gibt es gar keine Mauer, es gibt gar keinen Grund zu bremsen. Sie werden die Mauer erst beim Aufprall spüren.
Von Hause aus bin ich Historiker, daher müssen Sie in den nächsten Jahren mit einigen historischen Zitaten beziehungsweise Vergleichen von mir rechnen. Es werden Anträge geschrieben, deren Einhaltung in der Folge aber nicht kontrolliert wird. Es werden neue Stellen geschaffen, obwohl die alten noch nicht einmal besetzt sind, geschweige denn ihre erwünschte Wirkung entfaltet haben. Es werden neue Anträge geschrieben, die zukünftige Haushalte auf Dauer belasten. Und alle machen munter weiter, ausgeben ist ja auch viel schöner als haushalten – um die Scherben können sich andere kümmern. Mir fällt dazu „Der Kongress tanzt!“ ein. Nach der vermeintlichen Befreiung von Napoleon und der französischen Besatzung traf sich das restliche Europa im Frühjahr 1815 in Wien, um die Zukunft zu gestalten. Doch obwohl die anstehenden Aufgaben für alle sichtbar auf dem Verhandlungstisch lagen, zogen es die Hofgesellschaften vor, sich in rauschenden Ballnächten zu ergehen; die Augen vor dem Offensichtlichen verschließend. Erst die Nachricht, dass Napoleon aus seinem ersten Exil auf Elba zurückgekehrt war, rückte den eigentlichen Auftrag wieder in den Vordergrund und ließ die Delegationen die wirklichen Probleme lösen.
Für mich stellt sich die Frage, wann der Rat der Stadt Braunschweig nun endlich seinen Napoleon-Moment hat und erkennt, dass es auf den eingefahrenen Wegen nicht weitergeht!
Ja, ich habe in der Zeitung erklärt, dass die ausbleibende Realisierung von 16 Stellen ein Symbol gewesen wäre. Bei inzwischen fast 4.000 Stellen in der Kernverwaltung kann man das gerne als Symbolpolitik abtun. Aber es wäre ein Symbol gewesen, dass wir den Ernst der Lage verstanden haben und gewillt sind, das strukturelle Problem gemeinsam anzugehen. Der Rat der Stadt Braunschweig muss in dieser schwierigen Lage ein nachhaltiges Zeichen und Orientierung geben. Zum Haushalt 2018 wurde bereits vielstimmig angekündigt, dass etwas unternommen werden soll. Herausgekommen ist der vorliegende Haushalt.
Wie sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und auch die Bürgerinnen und Bürger denn verstehen, warum wir von der Notwendigkeit des Haushaltens und zur Optimierung der Verwaltung sprechen, wenn gleichzeitig keine spürbaren Anstrengungen dazu unternommen werden? Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Markurth, haben an vielen Stellen richtigerweise davon gesprochen, dass das Gelingen eines solchen Modernisierungs- und Konsolidierungsprozesses grundlegend von der Akzeptanz nach Innen, also dem Verständnis des einzelnen Mitarbeiters und der einzelnen Mitarbeiterin für die Notwendigkeit des Ganzen, abhängt. Hier ist zwingend konsequenteres Handeln erforderlich. Die Ankündigungen zum Haushalt und die schriftlichen Ausführungen im Vorbericht stehen dabei in einem deutlichen Widerspruch zu den vorgelegten Zahlen sowie den Anträgen und Abstimmungen. Und ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum Sie nicht konsequent für Ihren Weg bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werben. Sie schreiben in Ihrem Sachstandsbericht zwar, dass die Führungskräfte während der Fachbereichsleitertagung Ende November umfassend informiert wurden. Doch weder in Ihrem Grußwort in der aktuellen Ausgabe der Mitarbeiterzeitung WIR noch in Ihrem umfangreichen Interview in der selben Ausgabe findet sich ein Wort zur Notwendigkeit des Modernisierungs- und Konsolidierungsprozesses. Warum lassen Sie diese Chance ungenutzt verstreichen? Es kann nicht sein, dass erst wieder zu den Haushaltsberatungen 2020 ausführlich über diesen Prozess diskutiert wird. Ich kann deshalb bereits heute ankündigen, dass die CDU-Fraktion zur nächsten Ratssitzung den Antrag einbringen wird, bis auf Weiteres einen ständigen Tagesordnungspunkt zum aktuellen Sachstand des Modernisierungs- und Konsolidierungsprozesses einzurichten.
Noch in der Ratssitzung im November wurde einstimmig unser Änderungsantrag zum ISEK beschlossen, denn wir waren uns alle einig, dass die Verwaltung priorisieren muss, damit wir die Aufgaben, die wir uns vorgenommen haben, auch stemmen können. Und heute, lediglich einen Monat später, spielen Prioritäten absolut keine Rolle mehr. Es geht eben doch nicht um das Machbare sondern nur noch um das Wünschenswerte. Es ist der Akribie von Frau Steiner zu verdanken, dass es in der Ausgabe der Braunschweiger Zeitung vom 6. Dezember eine ausführliche Auflistung gab, welche Anträge mit dem Haushalt 2019 realisiert werden sollen. Auch hier zeigt sich, wie schon bei der Diskussion über den Stelleplan und vor dem Hintergrund des Defizits von rund 40 Millionen Euro, dass ein Einsehen weiter ausbleibt.
Eben habe ich darüber gesprochen, dass es eine möglichst breite politische Mehrheit für den Modernisierungs- und Konsolidierungsprozess geben sollte. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Markurth, ich kann nur eindringlich an Sie appellieren: seien Sie mutig und konsequent. Machen Sie klare Vorgaben, damit der Prozess gelingen kann. Wir werden Sie dann nach Kräften bei der Umsetzung unterstützen, aber auch verlässliche Ziele einfordern. Da dieses für heute und für den kommenden Haushalt mit einer Mehrheit des Rates nicht möglich ist, lehnen wir den Haushalt 2019 ab. Es bleibt abzuwarten, wann die anderen Fraktionen ihren Napoleon-Moment erleben und endlich ein Umdenken einsetzt. Ich wünsche uns allen, dass uns Waterloo erspart bleibt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.