Warum wir den Haushalt ablehnen
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,
am 20. September des vergangenen Jahres – also ziemlich genau vor fünf Monaten – hat Oberbürgermeister Markurth seinen Verwaltungsentwurf für den Haushalt 2020 vorgestellt. In den zurückliegenden Monaten hatten wir intensive Diskussionen und intensive Beratungen. Dass wir stets sachgerecht diskutieren konnten ist ein Verdienst der Verwaltung und deshalb will ich meine heutige Abschlusserklärung auch gleich mit einem Dank beginnen: der Dank der CDU-Fraktion an die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hier zum einen vor allem in der Finanzverwaltung, denn Sie haben unsere mündlichen wie schriftlichen Nachfragen, unsere Anfragen und Anträge zum Haushalt und nicht zuletzt die Ergebnisse der Ausschussberatungen stets schnellstmöglich beantwortet, verarbeitet und weitergegeben. Und zum anderen die Ausschussbetreuer, welche die Beratungen in den Ausschüssen durch die Erstellung der Listen und das Erfassen der Abstimmungsergebnisse erst möglich gemacht haben.
Einschließen in diesen Dank will ich aber selbstverständlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kernverwaltung und auch in den Gesellschaften: in den vergangenen zwölf Monaten haben Sie nicht nur die Erstellung des Haushalts ermöglicht, sondern waren parallel auch intensiv im Prozess der Verwaltungsmodernisierung und der Haushaltsoptimierung eingebunden. Dieser Prozess geht nach einem wichtigen Meilenstein, nämlich der öffentlichen Vorstellung der 400 Vorschläge der KGSt am gestrigen Tage, in die politische Beratung und damit quasi auf seine Zielgerade. Eine große Öffentlichkeit dürfte uns aufgrund der Fülle und der Bandbreite der Vorschläge dabei sicher sein.
In unseren diesjährigen Haushaltsberatungen hatten wir ebenfalls eine intensive Begleitung durch die Medien. Zu aller erst sind hier natürlich die Braunschweiger Zeitung als Print-Organ und regionalheute.de für den Bereich der Online-Medien zu nennen.
Vor wenigen Wochen haben wir den Beginn eines neuen Jahrzehnts gefeiert und sicherlich haben wir uns alle die Frage gestellt, was uns in diesen 20er-Jahren erwartet und ob wir die vor uns liegenden Herausforderungen meistern werden. Was im Privaten gilt, trifft sicherlich auch auf uns, die politisch Handelnden zu. Braunschweig steht weiterhin vor großen Zukunftsauf- und auch Zukunftsausgaben.
Für uns, die Mitglieder der CDU-Fraktion stehen für diese Haushaltsberatungen besonders vier Leitfragen im Zentrum unserer Überlegungen:
1. Wie gestalten wir Digitalisierung?
Die Verwaltung muss bürgerfreundlicher und besser werden. Jeder, der schon einmal einen Bauantrag gestellt, einen Kita-Platz gesucht oder gar einen Einbürgerungsantrag gestellt hat, weiß, hier ist noch deutlich Luft nach oben. In die Ergebnisse des Projektes zur Verwaltungsmodernisierung setzen wir daher sehr hohe Erwartungen und werden sicherlich nicht müde, unsere eigenen Vorstellungen in diesem Prozess beizusteuern. So erwarten wir beispielsweise, dass künftig lediglich ein Mal der Kontakt zur Behörde hergestellt werden muss und später alle Dinge darüber laufen. Wir erwarten auch, dass im Verlauf dieses Prozesses eine finanzielle Digitalisierungsrendite entsteht, die wir an anderer Stelle einsetzen können.
2. Wie schaffen wir bedarfsgerecht bezahlbaren Wohnraum?
Braunschweig ist nach wie vor eine attraktive Stadt und viele haben den Wunsch, hier entweder Wohneigentum zu schaffen oder Wohnraum zu mieten. Mit Sorge stellen wir fest, dass wir auf unterschiedlichen Wegen versucht haben, den weiteren Anstieg der Immobilienpreise zu stoppen beziehungsweise Wohnraum wieder günstiger zu machen. Bisher fallen die Ergebnisse allerdings recht bescheiden aus. Wir müssen weiter nach den Ursachen forschen und diese abstellen. Einfach nur weitere Subventionen zu starten, könnte zwar die Preissteigerung verlangsamen. Eine echte Trendumkehr wird aber so nie gelingen. Das Ziel mindestens der CDU-Fraktion ist es aber, dass die Polizistin und der Krankenpfleger, die täglich für unsere Sicherheit sorgen, sich auch zukünftig noch Wohnraum in unserer Stadt leisten können.
3. Wie erhalten wir einen starken Mittelstand und sichern die Arbeitsplätze von morgen?
Mit unserem Vorschlag zur Urbanen Produktion – also der gleichzeitigen Berücksichtigung von Wohnen, Arbeiten und Produktion in einem gemeinsamen Quartier – haben wir hier einen Lösungsvorschlag unterbreitet, der in den weiteren Planungen der Bahnstadt auf jeden Fall Berücksichtigung finden muss.
Und manches Mal kann man die eigene Gruppe auch durch die Abgrenzung zu einer anderen definieren. Wenn die Mitglieder der CDU-Fraktion also gefragt werden, wie wir unseren Braunschweiger Mittelstand erhalten wollen, dann antworten wir: „Jedenfalls nicht mit der mittelstandsfeindlichen Politik der Grünen!“ Die von den Grünen und auch von der Linksfraktion beantragte Anhebung des Hebesatzes für die Gewerbesteuer ist aus vielerlei Hinsicht gefährlich für unsere heimische Wirtschaft. Denn sie würden damit nicht beziehungsweise nicht nur die bekannten großen Steuerzahler treffen, sondern vor allem den Mittelstand. Also die kleinen Betriebe, die für einen erheblichen Anteil unserer Einnahmen sorgen.
Erstens ist es sowieso falsch hier von Mehreinnahmen in Höhe von 7 oder gar 7,5 Millionen Euro zu sprechen, da bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer automatisch die Gewerbesteuerumlage, also der direkt abzuführende Anteil an das Land entsprechend steigen und im darauffolgenden Jahr der Braunschweiger Anteil am Finanzausgleich entsprechend sinken würde. Bereits zum Haushalt 2019 war ein solcher Antrag gestellt worden, bereits damals hatte die Verwaltung ausgerechnet, dass lediglich rund 3,1 Millionen Euro bei der Stadt verbleiben würde.
Zweitens, und für die CDU-Fraktion viel gewichtiger, spricht gegen diesen Antrag das Signal, welches ausgesendet wird. Jeder kleine Unternehmer würde sich doch drei Mal überlegen, ob er noch neue Leute anstellt, ob er seinen Betrieb erweitert, ob er nicht lieber einen zweiten Standort in einer Nachbarkommune errichtet oder Braunschweig gar komplett verlässt. Nein, vor dem Hintergrund einer sich eintrübenden Wirtschaft sind Steuererhöhungen die schlechteste Lösung und Gift für unseren Mittelstand.
4. Wie bleibt Braunschweig lebens- und liebenswert?
Wir wollen die Freiwilligen Leistungen erhalten und wir wollen auch weiter kräftig in die Zukunft unserer Stadt investieren. Deshalb müssen wir jetzt gegensteuern. Denn wenn erst einmal Hannover das Sagen über unseren Haushalt hat, sind wir nicht mehr Herr des Verfahrens. Fragen Sie doch einmal in Helmstedt oder in Salzgitter, wie es dort um Investitionen und Freiwillige Leistungen bestellt ist.
In den vergangenen Wochen habe ich diesen Umstand immer mit einem eingängigen Beispiel erläutert: Wenn Frau Bürgermeisterin Kaphammel und ich vor der Aufgabe stehen insgesamt 30 Kilo abzunehmen, kann ich 28 Kilo beisteuern. Das täte mir ganz gut, das könnte ich gut verkraften. Und auch Frau Kaphammel hätte vermutlich – ohne ihr zu nahe treten zu wollen – die Möglichkeit, zwei Kilo abzunehmen. Wächst aber die Vorgabe auf beispielsweise 50 Kilo, so kann ich in diesem Fall vermutlich sogar 35 Kilo abnehmen. Bei 15 Kilo wäre Frau Kaphammel aber weg.
Übertragen auf unseren Haushalt bedeutet dies, dass wir jetzt gegensteuern können und müssen, um bestehende und wichtige Strukturen nicht zu beschädigen.
Mit dem Haushalt in seiner jetzigen Struktur haben wir jedoch große Zweifel, dass es uns gelingt, die eben skizzierten Herausforderungen zu meistern. Und diese vier von mir genannten Punkte bilden nur einen kleinen Ausschnitt weiterer vielfältiger Aufgaben des beginnenden Jahrzehnts – Aufgaben, die wir heute zu einem großen Teil vermutlich nur erahnen können.
Bei der Präsentation des Haushalts stellte uns die Verwaltung einen Entwurf vor, der ein Minus von rund 45 Millionen Euro vorsah – ein trauriger Rekord in der Amtszeit von Oberbürgermeister Markurth.
Trotz Rekordeinnahmen in nahezu allen Bereichen, trotz hervorragender wirtschaftlicher Rahmendaten, trotz absolut niedriger Arbeitslosigkeit, trotz weiterhin niedriger Zahlen bei den Flüchtlingen, egal ob Erwachsene oder unbegleitete minderjährige.
Der Bund, die Länder und viele andere Kommunen vergleichbarer Größe und vergleichbarer Struktur stehen deutlich anders da: Sie schaffen die schwarze Null, oder weisen sogar Überschüsse aus. Eigentlich auch logisch in wirtschaftlich hervorragenden Zeiten.
In Braunschweig hingegen ein dickes Minus. Und als Erklärung liest man allenthalben, nicht zuletzt bei der Veröffentlichung des Jahresabschlusses für 2018, „Braunschweig habe eine nicht optimale Einnahmesituation, insbesondere bei der Gewerbesteuer.“ Nun sind wir hier heute nicht im Germanistischen Seminar und wollen deshalb keine tiefergehende Semantik betreiben. Doch das Wort insbesondere drückt aus, dass vom Verwaltungschef vor allem bei der Gewerbesteuer Defizite gesehen werden, aber eben auch noch in anderen Bereiche. Wo soll das bei diesen Einnahmen denn bitte sein?
Eben sagte ich es bereits: Rekordeinnahmen in nahezu allen Bereichen, ein Superlativ jagt den nächsten:
- die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich befinden sich auf einem Allzeithoch
- der Braunschweiger Anteil an der Einkommensteuer: nie waren die Einnahmen höher
- die Grundsteuer B befindet sich ebenfalls auf einem Allzeithoch
- und für die so oft zitierte Gewerbesteuer ist der fünfthöchste Wert in der Geschichte der Stadt Braunschweig geplant – natürlich: mehr geht immer. Aber es bleibt festzuhalten, dass die Gewerbesteuereinnahmen sich heute auf einem Niveau bewegen, wie sie vor 10, 15 Jahren nicht denkbar gewesen wären
An dieser Stelle ein kleiner Einschub, denn die ausführliche Berichterstattung in der Presse hatte ich bereits erwähnt. Das Aktuellste dabei dürften die Interviews mit Herrn Bratmann und mir am vergangenen Sonnabend sein. Und da stimmt es einen schon nachdenklich, wie hier mit allen Mitteln versucht wird, die derzeit hervorragenden Einnahmen – besonders bei der Gewerbesteuer – als etwas geradezu Alltägliches abzutun. Sie, sehr geehrter Herr Bratmann, werden damit zitiert, dass die Einnahmen bei der Gewerbesteuer derzeit zwischen 160 und 175 Millionen Euro pro Jahr liegen. So weit, so richtig. Dann aber behaupten Sie, „das hatten wir im Schnitt vor zehn Jahren auch schon“. Und diese Aussage können wir nun absolut nicht nachvollziehen, wir halten sie für schlichtweg falsch.
Die Zahlen der letzten 15 Jahre sind ja noch im aktuellen Haushalt zu finden:
2004: 96,2 Millionen Euro
2005: 97,9 Millionen Euro
2006: 121,5 Millionen Euro
2007: 121,3 Millionen Euro
2008: 153,9 Millionen Euro
2009: 88,4 Millionen Euro
2010: 131,3 Millionen Euro
Wie Sie sehen, gab es in keinem Jahr Einnahmen bei der Gewerbesteuer, die über 160 Millionen Euro betrugen. Wie dann aber ein Schnitt erreicht werden soll, der sogar noch darüber liegt, das sollten Sie uns bitte erklären. Diese Art von Mathematik verstehen wir nicht.
Rechnet man nun aber diese vier wichtigsten Einnahmenquellen für unseren städtischen Haushalt zusammen, so stehen heute rund 210 Millionen Euro mehr zur Verfügung als noch 2010.
Braunschweig hat also kein Einnahme- sondern vielmehr ein Ausgabeproblem!
Und um diesem Umstand zu begegnen reicht es nicht aus, immer wieder auf Grundsatzbeschlüsse zu verweisen, deren Erfüllung weit in der Zukunft liegt. Natürlich haben wir uns dafür stark gemacht, eine konkrete Jahreszahl – hier 2026 – zu benennen und natürlich unterstützen wir seit Beginn an den Prozess der Verwaltungsmodernisierung und Haushaltsoptimierung. Wir haben gleichzeitig aber immer klare zeitliche und finanzielle Vorgaben eingefordert und auch darauf bestanden, dass der Zeitplan an eine aktuelle Entwicklung angepasst werden muss.
Wie sieht denn nun aber unser Plan aus, wie wollen wir bereits kurzfristig die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen wieder schließen?
Mit unserem Haushaltsantrag „Finanzielle Handlungsfähigkeit erhalten, Haushaltsdefizit strukturell abbauen“ haben wir unseren Lösungsweg beschrieben.
1. Die Ergebnisse des KGSt-Gutachtens
Wolfsburg durchläuft ebenfalls einen Prozess der Haushaltsoptimierung. Wolfsburg ist uns dabei ein Jahr voraus und Wolfsburg wird regelmäßig als Vorbild für unseren Prozess genannt – von Herrn Markurth, von Herrn Geiger und auch von der SPD. Allerdings hört die Erzählung bei den meisten an der Stelle auf, wo ehrlicherweise angefügt werden müsste, dass der Wolfsburger Prozess auch deshalb gelingt, weil vom SPD-Oberbürgermeister und getragen von einer breiten Mehrheit des Rates klare zeitliche und finanzielle Vorgaben gemacht wurden. Deshalb ist unser Vorschlag, auch hier dem Wolfsburger Vorbild zu folgen und beginnend mit dem kommenden Haushalt zehn Millionen Euro einzusparen, auftreppend um jährlich fünf Millionen Euro auf dann 25 Millionen Euro in 2024. Das Potenzial dafür sehen wir zum einen in den Vorschlägen der KGSt. Ich kann schon heute ankündigen, dass wir uns intensiv mit jedem einzelnen Vorschlag auseinandersetzen werden. Einen Fahrplan dazu haben wir gestern in der Fraktion besprochen. Und sollte am Ende ein gesunder Mix aus Ausgabenkürzungen und Einnahmeerhöhungen stehen, dann werden wir diesen Weg weiter mitgehen.
2. In einem konsequenten Abgleich zwischen den Budgets der Fachbereiche und den tatsächlichen Ausgaben sehen wir zum anderen weiteres Potenzial für eine schnelle Verbesserung des Ergebnishaushalts. Mit den Mitteilungen zu den Jahresabschlüssen 2017 und 2018 hat die Verwaltung eindrucksvoll offengelegt, dass viele Teile der Verwaltung deutlich mehr Geld in ihren Budgets haben, als sie ausgeben müssen. Und die klare Betonung liegt hier darauf, dass es nicht darum geht, Geld nicht ausgeben zu können, weil beispielsweise das Personal nicht reicht oder das Haushaltsjahr zu Ende war, sondern dass dieses Geld tatsächlich nicht benötigt wird. Zwei Beispiele aus den eben genannten Jahresabschlüssen: in 2017 wurden bei der Sozialhilfe 5,5 Millionen Euro nicht benötigt und bei der Jugendhilfe 9 Millionen Euro. In 2018 waren es bei der Sozialhilfe sogar elf Millionen Euro und bei der Jugendhilfe immer noch zwei Millionen Euro. Summen, jeweils deutlich mehr als zehn Millionen Euro, die den Haushaltsplan belastet und die wirkliche Lage verzerrt haben.
Warum gerade diese beiden Beispiele? Weil es Leistungen sind, zu denen wir größtenteils gesetzlich verpflichtet sind. Deshalb unser Vorschlag: konsequenter Abgleich zwischen den Budgets und den tatsächlichen Ausgaben, beispielsweise der letzten fünf Jahre. Sollte dabei festgestellt werden, dass ein Ansatz nie komplett abgerufen wurde, kann das nicht benötigte Geld bereits bei der Haushaltsaufstellung herausgestrichen werden. Und sollte dann – wider Erwarten – im Laufe des Jahres festgestellt werden, dass der Ansatz doch nicht ausreicht, kann der Rat über eine geübte Praxis, nämlich eine außer- und überplanmäßige Ausgabe, die entsprechenden Mittel bereitstellen. Im Verlaufe eines jeden Haushaltsjahres beschließen wir zahlreiche solcher Verschiebungen. Meistens herrscht etwas Verwirrung im Finanzausschuss, dass bei Anträgen der Politik die regelmäßige Antwort der Verwaltung ist, dass für diese Maßnahme kein Geld vorhanden sei. Wenn die Verwaltung aber einen eigenen Vorschlag umsetzen will, können innerhalb kürzester Zeit sogar zweistellige Millionenbeträge zur Deckung herangezogen werden. Und wenn es nicht gerade um Flüchtlinge oder den Flughafen geht, so dass entweder die AfD oder die BIBS dagegen ist, werden diese Veränderungen in der Regel sogar einstimmig beschlossen.
Hier passt noch einmal der Vergleich mit dem Abnahmen: wenn ich also auf der Waage stehe, 28 Kilo abnehmen soll und feststelle, dass ich einen Rucksack mit zehn Kilo Gepäck trage, dann nehme ich den doch auch erst einmal ab.
3. Festschreiben der Mittelfristigen Finanzplanung
Um auszuschließen, dass der eingeschlagene Abbaupfad des Haushaltsdefizits wieder verlassen wird, wollen wir die Mittelfristige Finanzplanung festschreiben. Als Grundlage dafür dienen die zuletzt zum Finanzausschuss mitgeteilten Zahlen für die Jahre 2021 bis 2023. Eingerechnet haben wir darin die von uns geforderten finanziellen Vorgaben für den weiteren Prozess, so dass der Ergebnishaushalt bereits 2023 wieder im Plus wäre.
Als Vorbild dient uns für diese Überlegungen der von Herrn Stadtrat Ruppert praktizierte Netto-Null-Stellenplan. Die Verwaltung hätte somit klare finanzielle Vorgaben, könnte sich in diesem Rahmen aber frei bewegen. Das heißt also, wenn eine neue Aufgabe übernommen wird, muss an geeigneter anderer Stelle gespart werden.
Festschreiben wollen wir die Mittelfristige Finanzplanung auch deshalb, weil uns bisher die starken Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren zeigen, welches Zufallsprodukt wir heute hier beraten sollen. In unserem ersten Antrag zur Mittelfristigen Finanzplanung hatten wir gefordert, zu den Zahlen zurückzukehren, die noch mit dem Haushalt 2019 beschlossen worden waren. Diese sahen für 2020 ein Minus von rund 27 Millionen Euro vor, für 2021 und 2022 aber die Schwarze Null. Dieser Ausblick diente übrigens in der Diskussion über das Strukturelle Defizit als Beleg dafür, dass diese Debatte entbehrlich sei. Im April des letzten Jahres sagten Sie, sehr geehrter Herr Bratmann in etwa sinngemäß: „Über das strukturelle Defizit müssen wir uns gar nicht wirklich unterhalten, in wenigen Jahren sieht es ja viel besser aus.“
Die Zahlen aus dem September und auch die heute zu beschließenden Zahlen sprechen aber eine deutlich andere Sprache.
Nun wird sicherlich der Einwand kommen, dass die letzten Jahre im Abschluss doch allesamt viel besser gelaufen sind, als es der Plan vorsah und es deshalb doch auch in diesen Jahren besser enden könnte.
Richtig, könnte – also Konjunktiv. Sicher ist das wahrlich nicht. Und während SPD und Grüne weiter auf das Prinzip Hoffnung setzen, wollen wir strukturelle Änderungen am Haushalt. An dieser Stelle darf ich einen kurzen Satz, den Sie, liebe Frau Dr. Flake gerne bemühen, zitieren: „Haushaltsklarheit ist Haushaltswahrheit.“
Bitte verlieren wir mit dem heutigen Blick auf die Zahlen nicht aus den Augen, dass wir in hervorragenden wirtschaftlichen Zeiten leben. Per Definition müsste die Überschussrücklage jetzt, also in guten Jahren, aufgebaut werden, damit wir diese für wirklich schlechte Jahre haben.
Und an dieser Stelle muss ich noch einmal darauf hinweisen, dass es sich bei den Überschussrücklagen nicht um bares Geld handelt, sondern lediglich um eine rechnerische Größe. Sollte die SPD das anders sehen, sollten Sie beim nächsten Mal bitte den entsprechenden Kontoauszug vorlegen.
Dass dieser Haushalt ein Zufallsprodukt ist, sehen wir nicht nur an der großen Differenz zwischen den Haushaltsplänen und den Jahresabschlüssen in den vergangenen Jahren. Wir sehen ihn am 20-Millionen-Unterschied zwischen Haushaltsvorstellung und den Beratungen im Finanz- und Personalausschuss. Und wir sehen ihn an der Diskrepanz zwischen den Budgets der Fachbereiche und deren tatsächlichen Ausgaben.
Dass es einen Plan gibt, wie das Defizit bis 2026 wirklich dauerhaft überwunden werden soll, sehen wir nicht. Es wird gerne auf das KGSt-Gutachten verwiesen. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Da wird uns die Aussetzung der Leistungsorientierten Bezahlung für die Beamte vorgeschlagen, weil diese bei den damalig noch nicht veröffentlichten Vorschlägen auf die Ampelphase „grün“ gesetzt war. Aber eine Abstimmung mit dem Personalrat lag nicht vor. Die wurde nachgereicht und der Personalrat hat sich einstimmig gegen ein Streichen ausgesprochen.
Andere Maßnahmen, das haben wir bei der schnellen Durchsicht gestern gesehen, sind auch auf „grün“ gesetzt und dürften viel weniger kontrovers diskutiert werden. Warum sind diese nicht im Haushalt enthalten? Warum soll eine Maßnahme, die man für sinnvoll erachtet und die bereits jetzt zu einer Reduzierung des Defizits beitragen würde, erst in zehn Monaten zum Haushalt 2021 umgesetzt werden?
Ein Blick auf die Haushaltsmehrheit zeigt, dass die SPD sich die Zustimmung zum Haushalt bitter hat erkaufen müssen. Insgesamt um knapp 2,2 Millionen Euro wurde der Ergebnishaushalt nun noch einmal zusätzlich belastet. Und das, obwohl gerade die BIBS einen Großteil ihrer Forderungen gar nicht bekommen hat. Was ist denn vom alternativen Klimahaushalt geblieben? Alternativ war da nicht viel, aber PPP ist wieder eine Menge dabei. Das müssen allerdings Sie ihren Anhängern erklären.
Unsere Sachanträge hingegen haben erfreulicherweise in der großen Mehrzahl ihren Weg in den Haushalt gefunden. Und in der Tat hatten wir einen Deckungsvorschlag, auch wenn Sie, sehr geehrter Herr Bratmann gleich in der ersten Antwort im Interview am Samstag das Gegenteil behauptet haben. Wir haben beantragt, dass die Verwaltung durch geeignete Maßnahmen in der Personalbewirtschaftung die Summe von rund 250. 000 Euro einsparen soll. Der Antrag wurde zwar abgelehnt, aber die Personalverwaltung hat – Herr Bratschke hat es bereits beschrieben – mit der gleichen Methode sogar den fünffachen Betrag erwirtschaftet.
Abschließend möchte ich noch kurz etwas zum Thema Investitionen sagen. Natürlich ist es richtig, gerade in der Niedrigzinsphase seine Investitionen auch über Kredite zu finanzieren. Aber immer nur mit Augenmaß und man muss ständig im Blick behalten, dass auch Kredite aus der Niedrigzinsphase zurückgezahlt werden müssen. Wenn die von der SPD mehrmals bemühten konservativen Ökonomen davon sprechen, dass jetzt die richtige Zeit für Investitionen ist, dann meinen sie natürlich vor allem solche Städte, die in den vergangenen Jahrzehnten finanziell gar nicht in der Lage dazu waren. In der Regel waren diese Kommunen finanziell handlungsunfähig.
Mit dem Jahr 2020 beginnt nun also ein neues Jahrzehnt. Was wird es uns bringen? Welche schönen und welche unangenehmen Momente erwarten uns?
Wenn ich mich an das Jahr 2010 zurückerinnere, dann konnte ich damals einen Großteil der Herausforderungen noch nicht erahnen.
Vermutlich wird das auch bei diesem neuen Jahrzehnt so sein. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir gerüstet sind – inhaltlich aber auch finanziell.
Unsere Vorschläge für strukturelle Änderungen haben wir unterbreitet – sie wurden abgelehnt. Deshalb werden die Mitglieder der CDU-Fraktion die Haushaltssatzung 2020 ablehnen.