Finanzpolitische Grundsatzerklärung zum Doppelhaushalt 2025/26
In der Ratssitzung am 17. Dezember 2024 wurde der Haushalt für die Jahre 2025 und 2026 von einer rot-grünen Mehrheit beschlossen. Ein Haushalt, der Rekordschulden in Höhe von zunächst 1.000.000.000 Euro am Ende von 2026 und dann Ende 2029 sogar von 2.000.000.000 Euro vorsieht. Rot-Grün nimmt nur wenige bis keinerlei Sparanstrengungen vor, die Schulden müssen kommende Generationen schultern. Das ist ungerecht und bedarf unserer entschiedenen Ablehnung.
Unser finanzpolitischer Sprecher Claas Merfort hat deshalb deutlich gemacht, warum wir das rot-grüne Zahlenkonstrukt ablehnen. Seine Rede aus der Ratssitzung kann hier in voller Länge nachgelesen werden:
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Dr. Kornblum und sehr geehrte rot-grüne Haushaltsmehrheit,
es mag sich im ersten Moment so anfühlen, als ob wir heute eine altbekannte Routine durchlaufen. Wieder einmal stehen wir vor Ihrem Haushalt mit einem negativen Saldo aus Verwaltungstätigkeit. Wieder einmal stützen sie ihren Haushalt auf die Rücklagen vergangener Tage. Doch dieser rot-grüne Haushalt mit seiner mittelfristigen Finanzplanung zeigt diesmal ungeschminkt für jeden sichtbar: Ihr Prinzip Hoffnung und die bedenkenlose Ausgabenfreude sind glasklar gescheitert. Ich darf die Worte von Finanzdezernent Christian Geiger in Hinblick auf das Defizit sinngemäß aufgreifen: „Ich habe immer schon gewarnt und nun ist der Beweis erbracht. Ab 2027 werden wir aus heutiger Sicht eine Konsolidierungskommune.“
Was ist eine Konsolidierungskommune oder mit anderen Worten ein Haushaltssicherungskonzept?
Es trifft Kommunen deren Ausgaben über den Einnahmen liegen und zusätzlich kein Defizitausgleich mehr über Rücklagen durchgeführt werden kann. Diese Kommunen zeichnen sich regelmäßig auch dadurch aus, dass sie ihre laufenden Aufgaben nicht mehr ohne Schuldenaufnahme bedienen können. Die Kommune gilt als überschuldet, die dauerhafte Leistungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben.
Die Gegenmaßnahme: Ein Haushaltssicherungskonzept. Es wird beschrieben, dass es eine repressive Funktion hat, um in einem Zeitraum von wenigen Jahren wieder zu einer vollständigen Ausgabendeckung zu gelangen. Repressive Funktion. Diese Wortkonstruktion verdeutlicht, was dort aufgrund Ihrer Haushaltspolitik auf die Stadt an harten Maßnahmen zukommt.
Wir sehen die dramatische Lage anhand einiger, weniger Zahlen:
Katastrophales Defizitwachstum:
Kassenkredite explodieren:
Rücklagen aufgezehrt:
Ihr Haushalt mitsamt der mittelfristigen Planung spricht also eine klare Sprache.
Das Unglaubliche ist, dass sie mit diesem Haushaltsentwurf zwar dieselbe Erkenntnis haben wie wir, nur Sie scheinen nichts mit dieser Erkenntnis ernsthaft anzufangen. Der Haushaltsausgleich gelingt die kommenden zwei Jahre gerade noch so unter Rückgriff auf die Rücklagen und dem Sonderumstand des Passivpostens. Ich erinnere an den von SPD und Grünen gestellten und immer noch gültigen Antrag, dass Sie einen Haushalt aufstellen wollten, der gerade ohne diesen Rückgriff auf die Rücklagen auskommt. Damit sind Sie erneut gescheitert. Sie scheinen dieses Ziel nie gehabt zu haben. Das selbstgesteckte Ziel ist verfehlt.
Es gibt kein schlechteres Zeugnis für einen Haushalt. Die letzten Jahre sind Sie vielleicht noch mit der Schulnote 5 durchgekommen, heute ist es eine glatte 6.
Und im nächsten Haushalt werden Sie nicht versetzt, sondern die Kommunalaufsicht wird ein Haushaltssicherungskonzept abverlangen. Statt ordentlich Hausaufgaben und Nachhilfe zu machen, taumeln Sie mit dem Haushalt auf das Sitzenbleiben zu. Das wissen Sie alles heute schon und die Finanzverwaltung plant fest mit diesem Schicksal. Wobei Schicksal das falsche Wort ist. Denn dieser Haushalt ist im Gesamtergebnis nicht fremdbestimmt, sondern Ihre konkrete Verantwortung. Sie haben es in der Hand. Auf die Lehrkräfte (Bund/Land) zu schimpfen, wenn die Versetzung scheitern wird, kann bestenfalls nur ein kleiner Teil der Wahrheit sein.
Unzureichende Gegenmaßnahmen:
Konzepte wurden teils angefangen, aber nicht weiterverfolgt. Hier ist das KGSt-Gutachten zu nennen. Potential hat es ausgewiesen. Gleichzeitig muss eine Verwaltung immer in der Lage sein, eigene Konsolidierungskonzepte aufzuzeigen. Sie, Herr Dr. Kornblum, müssen vorangehen und diese Vorgaben setzen. Das wurde in Braunschweig schon mal gemacht. Was Sie bisher angesetzt haben, ich nenne die 3%-Kürzung im Sachaufwand, ist zwar anerkennenswert aber letztlich nur Kosmetik. Denn wir sehen schlicht, dass die Gesamtergebnisse weit hinter den Erforderlichkeiten zurückbleiben. Stattdessen werden immer wieder Diskussionen für neue Themen angestoßen, die Zeit und Geld verbrauchen. Und die dauerhaften Ausgaben werden ungeachtet der Beherrschbarkeit erhöht.
Gehen wir genauer auf die von Ihnen in den Jahren erzeugte Verschuldung ein:
Echte Investitionen über Schulden zu finanzieren, kann mitunter ein Weg sein. Problematisch wird es, wenn dies überhandnimmt und vergessen wird, dass auch hier immer Tilgung und Schuldendienst stehen. Schulden für Investitionen machen zum Ende der Planungen rund 1.000.000.000 Euro aus. Viel Geld und wir dürfen fragen, wurde hier richtig priorisiert? Nicht jede sogenannte Investition ist eben eine solche. Die jährlichen Zinszahlungen belasten den Haushalt massiv. Im Jahr 2026 werden allein für Investitionskredite über 20 Mio. Euro fällig –ohne Rückzahlung. Es muss also sehr genau und kritisch hinterfragt werden, für was oder für welchen Umfang einer Maßnahme diese Kredite aufgenommen werden. Ein negatives Beispiel für einen Beschluss aus diesem Jahr: Der Hagenmarkt mit seinen 7 Mio. Euro. Oder nehmen wir die Veloroute 3 in diesem Haushalt für 4 Mio.
Maßnahmen, die schön sind, aber am Ende Luxusausgaben. Und dieses Wort benutze ich bewusst. Sie können sich privat auch den Vorgarten oder die Zuwegung exquisit designen lassen, obwohl Ihr Dach undicht ist. Das geht aber nur, wenn Sie Geld für beides übrighaben und vor allem wenn Sie dauerhaft mehr einnehmen als Sie ausgeben. Beides ist mit ihrem Haushalt nicht der Fall. Dennoch sollen diese Ausgaben getätigt werden. Ich halte dies für fehlenden Schneid zur Priorisierung und fehlende Kompetenz auch Nein sagen zu können. Diese Haushaltspolitik hat nun zu null Spielraum geführt. Das alles mit fatalen Folgen für die Allgemeinheit, für die Braunschweigerinnen und Braunschweiger.
Blicken wir noch auf die Liquiditätskredite oder Kassenkredite:
Bereits 2025 werden Sie bei -154 Mio. stehen und bis 2029 sollen diese auf -968 Mio. angestiegen sein. Die zweite Schuldenmilliarde dieser Stadt. Alles Geld auf dem Konto ist ausgegeben, die laufenden Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Die Stadt im Dispo. Ihre Lösung: Jahr für Jahr Schulden, Schulden, Schulden. Wir können davon ausgehen, dass mit diesem waschsenden Schuldenberg insgesamt jährlich 60 bis 70 Mio. Euro an Zinskosten für die Stadt entstehen. Wertvolles Geld. Allein von den Zinsen der Kassenkredite könnten wir vermeintlich 500 neue Stellen finanzieren, ob nun Schulsozialarbeiter oder Krankenpfleger. Oder wir gehen investiv in Braunschweiger Infrastruktur. Mit anderen Worten: Diese Steuergelder fließen ab zu Banken anstatt in Braunschweig vor Ort eingesetzt werden zu können.
Eine Kernfrage beliebt: Warum fahren Sie mit Tempo 100 weiter, wenn Sie wissen, dass kurz vor Ihnen eine Wand namens Haushaltssicherungskonzept bevorsteht. Je länger man ein Problem aufschiebt, desto größer wird es. Ich möchte hier inhaltlich und indirekt Trigema-Chef Wolfgang Grupp zitieren: „Wenn jemand zu ihm komme und sage, er habe ein großes Problem, habe diese Person versagt. Denn das Problem war irgendwann mal klein und hätte einfach gelöst werden können.“ Die Härte der Worte muss man sich nicht zu eigen machen, aber an der Aussage ist ein wahrer Kern. Probleme schnell, früh und entschlossen anzugehen, führt dazu, dass ein Problem nicht groß und damit unbeherrschbar oder überfordernd wird. Mit einem frühen und beherzten Reagieren vermeidet man umso härtere und einschneidendere Maßnahmen. Mit diesem Haushalt haben Sie sich entschieden, Tempo 100 beizubehalten und ungebremst auf die Wand namens Haushaltssicherung aufzufahren. Ein schrittweises Abbremsen wäre die richtige Antwort. Sie haben sich für fremdbestimmte, repressive Maßnahmen entschieden.
Ich fasse die Konsequenzen zusammen:
Wir lehnen diesen Haushalt ab.